Am Sonntag haben die Mitglieder von Ahoj Nachbarn unseren neuen Vorstand gewählt. Und hier stellen wir ihn gerne euch vor: unser aktives Mitglied Kamil, der schon in 2020 viel Energie in unseren Verein gesteckt hat, wurde zur Freude von uns allen zum 1. Vorsitzenden gewählt und hat damit die Aufgaben von Anne Reis übernommen. Wir bedanken uns herzlich bei ihr für ihr zweijährige Tätigkeit im Vorstand und freuen uns auf ihr neues Projekt, nämlich den Ahoj Podcast. Julia Franz bleibt weiterhin als 2. Vorstand und Kristina Tolok als Schatzmeisterin. Noch besser könnt ihr alle Mitglieder auf unserem Instagram-Profil kennenlernen und natürlich auch im Kontakt bleiben. Das letzte Jahr war ziemlich anstrengend, aber Ahoj Nachbarn hat es überwunden, alte Projekte wurden weitergepflegt und viele neue Themen entwickelt:
Wenn ihr Ideen habt, die ihr verwirklicht haben wollt, zögert nicht, sich bei Kamil zu melden: kamil.safin@ahojnachbarn.eu. Vieles läuft gerade online, deswegen folgt uns auf Instagram, abonniert unser Newsletter und verpasst nicht die Neuigkeiten, die wir für euch vorbereitet haben. Und natürlich drücken wir uns allen die Daumen auf ein baldiges Zusammentreffen!
Der Herbst ist die beste Zeit, um Bücher zu lesen. Ich
versuche euch wieder mit polnischer Literatur ein bisschen zu
begeistern. Für die langen, dunklen Abende schlage ich polnische
Krimiromane vor.
Die Schriftstellerin Katarzyna Bonda ist in Polen allen bekannt, die gerne Krimis lesen. Die spanende Krimiserie von Bonda, die ins Deutsche übersetzt worden ist, heißt: „Vier Elemente mit Sasza Załuska“ und erzählt über eine Profilerin aus Danzig.
Der erste Teil „Das Mädchen aus dem Norden“ (polnischer Titel – Pochłaniacz) wird euch in eine Welt voller Geheimnisse führen. Am selben Tag im 1993 Jahr wird unter unklaren Umständen ein jugendliches Geschwisterpaar getötet. Die Polizei stuft beide Todesfälle als tragische, voneinander unabhängige Unfälle ein und schließt die Akten. Zehn Jahre später befasst sich die Profilerin Sasza mit einem mysteriösen Fall, in welchem der Inhaber eines Musikclubs in Sopot eine wichtige Rolle spielt. Es stellt sich schnell heraus, dass der Fall im Club mit den Ereignissen von 1993 zusammenhängt und die ermordete Person wusste, wer für den Tod der Geschwister verantwortlich war. Einer der Schlüssel zum Lösen des Rätels könnte ein Lied aus der damaligen Zeit sein. Die Protagonistin setzt alles daran, den Fall aufzuklären, wird dies aber später bereuen.
Letztes Jahr erschien in der deutschen Übersetzung auch der zweite Band. Auf Polnisch „Okularnik“ heißt er hier „Der Rat der Gerechten“. Dieses Mal nimmt Załuska an einer traditionellen belarussischen Hochzeit teil und wird Zeugin dramatischer Ereignisse. In den umliegenden Wäldern werden seit einiger Zeit menschliche Überreste gefunden. Ganz plötzlich verschwindet während der Hochzeit die Braut. Ans Licht kommen dunkle Geheimnisse der Bewohner der Stadt, die stark mit der Vergangenheit verbunden sind. In den Augen von Sasza verwandelt sich die idyllische Stadt in eine Arena blutiger Berichte, in der polnisch-belarussische Gegensätze mit voller Wucht zum Leben erwachen.
Beide Bücher sind voller Emotionen. Neben großartig gebauten
Charakteren gibt es hier eine süchtigmachende und spannende
Handlung. Die ganze Zeit geschehen dramatische Dinge, die den Leser
erschauern lassen. Am Ende ist man zuererst einfach sprachlos. Obwohl
die Bücher dick sind, lassen sie sich schnell lesen. Deswegen mag
ich den leichten Schreibstil von Bonda und lade euch ein, ihn auch
kennenzulernen.
Ein Beitrag von Iwona Smól
Katarzyna Bonda, „Das Mädchen aus dem Norden“, Aus
dem Polnischen von Paulina Schulz, ISBN: 978-3-453-43926-9, Heyne
2018, 656 Seiten
Katarzyna Bonda, „Der Rat der Gerechten“, Aus
dem Polnischen von Saskia Herklotz, Andreas Volk, Heyne 2019, 704
Seiten, ISBN: 978-3-453-27075-6
Künstlerische Positionen im deutsch-polnischen Dialog, 22.-25. Oktober 2020
Die Deutsch Polnische Gesellschaft München lädt im Oktober Kulturschaffende aus verschiedenen Disziplinen ein, um miteinander in den Dialog zu treten.
Fragen nach einer künstlerischen Zivilgesellschaft, globale Themen wie die Klimakrise, aber auch Momente der Vergangenheitsbewältigung und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität werden im Fokus der unterschiedlichen Positionen aus Theater, Performance, Film und Literatur stehen.
Unter anderem mit dabei: Theater Węgajty, Brygida Heibig, Leszek Żądło, Weronika Zalewska, Alexandra Wesołowski.
Vernissage der Video-Installation von Weronika Zalewska
Mit freundlicher Unterstützung von Ahoj Nachbarn e.V.:
Ich heiße Kamil Safin und bin seit einem halben Jahr Mitglied von Ahoj. Außerdem bin ich seit zwei Jahren in der Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer tätig. Diese Gruppe pflegt den Kontakt zwischen den beiden Partnerstädten München und Kyjiw, der Hauptstadt der Ukraine. Wir setzen uns dort für die LGBTI*-Community und ihre Menschenrechte ein mit politischen Aktionen, Kulturveranstaltungen, fachwissenschaftlichen Workshops, einem Jugendaustausch etc.
Unabhängig davon, dass ich selber aus Russland komme, finde ich die Aktivitäten zwischen diesen zwei schönen Städten nicht nur wichtig, sondern auch sehr abwechslungsreich. Man kann mal in einem Chor mitsingen und nach Odesa fahren, Aktivist sein und zum „Marsch der Gleichheit“ fahren, um die einheimische Community in ihrem Kampf um Menschenrechte zu unterstützen, oder an einem Kulturaustausch teilnehmen und vieles mehr.
Dieses Jahr fand in München eine sehr spannende Ausstellung statt: „Liebe kennt keine Grenzen“, heißt sie. Trotz der coronabedingt begrenzten Anzahl von Teilnehmer*innen gab es bei der Vernissage am 9. Juli im Hintergebäude des Senior*innenheims Münchenstift, die das Projekt finanzieren, ein gemütliches Treffen zwischen Aktivist*innen, Politiker*innen und Künstler*innen. Das Designerduo Braty, Zwillingsbrüder aus Kyjiw, erzählen in zwölf tollen Collagen die Geschichte der Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer. Es geht darin um besondere, um Herzensmomente, die ehemalige und heutige Mitglieder von Munich Kyiv Queer und die Teilnehmer*innen ihrer Veranstaltungen in der nun schon fast zehn Jahre währenden Existenz der Gruppe erlebt haben.
Auch ich durfte meine Geschichte erzählen. Hier ist sie:
„Erst bei Munich Kyiv Queer habe ich verstanden, dass ich unter internalisierter Homophobie leide. Es gab da diesen Moment, als ein Gast aus der ukrainischen Delegation, die zum CSD nach München gereist war, sagte: ‚Меня зовут Анжела Калинина и я мама гея‘. Auf Deutsch heißt das: ‚Ich heiße Anzhela Kalinina und ich bin die Mutter eines schwulen Sohns. Diese Worte in meiner Muttersprache haben mich angeekelt. Das war im Juli 2018 während der PrideWeek.“
Außerdem gehe ich in dieser Geschichte auch auf meine Einstellung gegenüber der Ukraine ein, was mir besonders wichtig ist, da ich das einzige russische Mitglied der Kontaktgruppe bin. Genauer erzähle ich es in meinem Herzensmoment: „Wegen des Krieges darf ich heutzutage kaum noch sagen, dass ich aus Russland komme und die Ukraine liebe. Meine Freund*innen unterstützen mich darin, aber Fremde hinterfragen das, im schlimmsten Fall beschimpfen sie mich.“
Die Ausstellung hängt abwechselnd in unterschiedlichen Häusern von Münchenstift und das noch für mindestens zwei Jahre. Trotz Corona kann man sie schon online genießen unter https://www.liebe-kennt-keine-grenzen.de. Außerdem werdet Ihr dort das Grußvideo der beiden Künstler Ivan und Vasyl Kostenko finden, was wir am Abend des 9. Juli als Premiere auf dem großen Bildschirm im großen Atrium von Münchenstift gesehen haben.
Danach hatten wir eine tolle Begehung Bild für Bild. Unter den Collagen waren welche mit der ehemaligen Stadträtin Lydia Dietrich, der Buchautorin Stephanie Gerlach, den trans* Männern Christian Schabel-Blessing, Jonas Fischer und viele andere mehr. Diese Ausstellung ist sehr empfehlenswert, weil man in München so etwas noch nie gesehen hat; es ist so bunt und vielseitig.
Leider muss der Offene Treff aufgrund der Corona-Krise abgesagt werden. Damit ihr weiterhin im Austausch mit Kultur und Kunst aus Ost(mittel)europa bleiben könnt, teilen wir mit euch in den kommenden Wochen auf Facebook und über unserem Newsletter Online-Tipps, wie z.B. Podcasts, Dokus, Filme usw. Bleibt gesund und besonnen!