Drei besondere Bücher für die Winterzeit

Auf dem Bild: Die Autorin des Textes Iwona Smol

Ich habe polnische Philologie und Kulturwissenschaften in Thorn (Torun) studiert. Seit sieben Jahren wohne ich als glückliche Mutter von zwei Kindern in München. Außerdem bin ich freiberufliche Polnischlehrerin. Ich arbeite mit bilingualen Kindern und unterrichte Polnisch als Fremdsprache. Neben meiner beruflichen Tätigkeit bin ich auch aktives Mitglied in vier Vereinen. Die Beschäftigung bei Ahoj Nachbarn gibt mir die Möglichkeit sich kreativ weiter zu entwickeln. In dem Verein Polnische Studenten und Absolventen in München habe ich eine Literaturgruppe gegründet. Seit drei Jahren treffen wir uns jeden Monat in gemütlicher und lockerer Atmosphäre um über polnische Autoren zu diskutieren. Ich lade alle Polnischsprachigen zu unseren Treffen ein. Heute möchte ich euch von drei ganz besonderen Büchern erzählen.

 

 

Fotos von Cezary Szyszka

Olga Tokarczuk, ist eine der bedeutendsten polnischen Autorinnen. Sie wurde schon zwei Mal mit dem wichtigsten polnischen Literaturpreis, dem Nike, ausgezeichnet. Tokarczuks letztes Buch „Ksiegi Jakubowe“ (Jakobs Bücher) wurde noch nicht ins Deutsche übersetzt. Deshalb empfehle ich euch heute ihren früheren, sehr erfolgreichen Krimi. Der Titel des polnischen Originals ist ein Zitat von William Blake: „Lenke deinen Wagen und Pflug über die Gebeine der Toten“. In Deutschland ist das Buch als „Der Gesang der Fledermäuse“ erschienen. Dieser Roman hat mich sehr berührt und sofort verzaubert. Nicht nur wegen Tokarczuks bilderreicher Sprache, ihren Einfällen oder Abschweifungen, sondern grundsätzlich bewunderte ich die ebenso geheimnisvolle wie spannende Geschichte.

 

Tokarczuk schrieb einen moralischen Thriller über das fragwürdige Verhältnis der Menschen zu Tieren und Natur. Die Erzählerin Janina Duszejko ist eine Dorflehrerin für Englisch und lebt in einer Winterhütte. Sie beschäftigt sich mit den Gedichten von William Blake, liebt die Astrologie und Tiere. Janinas größte Feinde sind die Wilderer. Nachdem ihre Hunde plötzlich erschossen werden entwickelt sie kuriose, recht gewagte Theorien über die an Tieren begangenen Verbrechen. Als in Janinas Umgebung eine Leiche nach der anderen gefunden wird, versucht sie den Mörder auf eigene Faust zu finden. Sie geht sogar soweit zu behaupten, dass die Tiere sich an den Leuten rächen.

Tokarczuks Buch ist also ein Tierschützerroman. Die Autorin gibt dem Thema jedoch einen ironischen Kontext und mischt Elemente des Thrillers mit philosophischen Betrachtungen. Durch die Krimiform und die satirischen Töne ist der Roman sehr amüsant. „Der Gesang der Fledermäuse“ ist als deutsch-polnische Koproduktion zur Verfilmung in der Regie von Agnieszka Holland vorgesehen. Es lohnt sich also das Buch zu lesen, bevor der Film ins Kino kommt.

 

Ebenso verhält es sich mit dem zweiten polnischen Buch, das ich empfhelen möchte. Ein Krimi von Joanna Bator wird von Borys Lankosz in einer deutsch-polnischen Koproduktion verfilmt.

„Dunkel, fast Nacht“ wurde ebenfalls mit dem Nikepreis ausgezeichnet und hält den Leser fest in Spannung. Alicja Tabor kehrt als Journalistin in ihre verlassene Heimatstadt zurück und versucht zu klären, warum dort Kinder werschwinden. In den Medien lodert die Sprache des Hasses gegen Zigeuner. Ihr altes Haus steht seit dem Tod des Vaters leer und birgt viele Geheimnisse. Die Stimmung hier ist sehr unheimlich. Alicja fühlt sich ständig beobachtet, um sie herum ereignen sich unklare Dinge. Vor dem Hintergrund der düsteren Atmosphäre hat die Autorin gleichzeitig auch ein Familiendrama erschaffen. Sie schildert wie latente Ängste und Traumata sich in jähe Ausbrüche von Wahnsinn verwandeln. Das Buch ist von Anfang bis Ende unglaublich spannend und fesselte mich. Nervenkitzel ist hier garantiert. Es fällt einem schwer, das Buch aus der Hand zu legen, bevor alle Geheimnisse endlich aufgeklärt wurden. Auf jeden Fall empfehlenswert!

 

Zum Schluß möchte ich ein paar Wörter über das Buch sagen, das mich letztens sehr berührt hat. Im deutschen Polen-Institut in Darmstadt habe ich durch unsere Zusammenarbeit beim Projekt “PolenMobil” einen Polen-Experte aus Regensburg kennengelernt. Matthias Kneip liebt Polen über alles, spricht fließend polnisch und hat mehrere Bücher über sein beliebtes Nachbarland geschrieben. Dieses Jahr hat er ein Buch „111 Gründe Polen zu lieben“ herausgebracht. In 111 Texten, die in zehn Kapitel eingeordnet sind, versucht Kneipp zu zeigen, was man unbedingt in Polen gesehen haben sollte und was die Deutschen dort positiv überaschen kann. Konkret, kompakt und mit Humor erklärt der Autor die polnische Kultur, Geschichte und auch die Eigenheiten der polnischen Mentalität. Mathias Kneips Buch „111 Gründe Polen zu lieben“ ist das ideale Weihnachtsgeschenk, das ich nicht nur an Polen interessierten Lesern empfehle. Das Buch sollte aber auch mit Vorsicht genossen werden. Kneipps Polenpassion ist nämlich ansteckend. Er hat es geschafft, großes Heimweh in mir zu wecken. Wer das einmal gelesen hat, muss dann auch unbedingt sofort dorthin 🙂



Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in In München von Natalia. Permanenter Link des Eintrags.

Über Natalia

Natalia Garbacz Nachdem sie 2004 ihr familäres Nest in Warschau verließ, brach sie nach Deutschland auf. Sie nahm ein Studium der Theaterwissenschaften in Erlangen auf, welches sie später in München abschloss. Den Ahoj-Nachbarn-Verein nahm sie von Nürnberg nach München mit und ist seither grenzenlos stolz darauf, dass er Schöpfer solch toller Projekte wie dem polnischen Filmfestival Cinepol oder des osteuropäischen Stadtführers Ahoj Minga geworden ist. Ehemalige Vorsitzende des Vereins Ahoj Nachbarn (2007-2013, 2013-2015).