Filmfest München

Liebe Filmfreunde,

dank der bunten Plakate überall in der Stadt habt ihr vielleicht schon gesehen, dass das Filmfest München begonnen hat. Noch bis zum 7. Juli zeigen zahlreiche Kinos im Stadtzentrum frische internationale Filme und ermöglichen Gespräche mit Regisseuren, Schauspielern und Produzenten.

Natürlich würde man sich da am liebsten parallel in alle Kinos setzen und nicht mehr gehen. Um die Auswahl zu erleichtern möchten wir hier deshalb auf ein paar osteuropäische Sahnehäubchen aufmerksam machen:

Dieses Mal gibt es gleich zwei Filmen aus der Ukraine, von zwei der bekanntesten ukrainischen Regisseure: DONBASS (Regie: Sergei Loznitsa), der, wie der Name schon vermuten lässt, den Krieg in der Ostukraine beleuchtet. In kurzen Einblicken berichtet der Film über das Leben im Kriegsbegiet, aber auch über Fake News und journalistische Arbeit vor Ort.
VULKAN (Regie: Roman Bondarchu) erzählt die Geschichte eines Übersetzers, der im Rahmen einer OSZE-Mission in den Süden der Ukraine kommt und eine Welt voller Schönheit und paradoxem Witz inmitten der Widrigkeiten des Lebens in der Krimkrise entdeckt.

 

Im polnischen Film NINA (Regie: Olga Chajdas) geht es um eine unerwartete Liebe: Ein Pärchen sucht eine Leihmutter und glaubt, in Magda die Richtige gefunden zu haben. Um sie zu überzeugen, wollen sie sie gemeinsam verführen. Das führt allerdings zu unerwarteten Entwicklungen.

Zwar ein spanisch-argentinischer Film, aber einer auch der in Polen spielt: EL ÚLTIMO TRAJE: Abraham, ein 88 Jahre alter, kauziger, gewiefter Schneider, macht sich auf, ein altes Versprechen einzulösen. Er begibt sich auf die abenteuerliche Reise von Buenos Aires nach Polen, um nicht ins Seniorenheim gesteckt zu werden und einem alten Freund einen Anzug zu bringen. Der Freund hat ihm einst vor sieben Dekaden während des Holocaust das Leben gerettet.

 

Der Film NAMME (Regie: Zaza Khalvashi) aus Georgien thematisiert den Konflikt zwischen Moderne und überlieferten Lebensweisen: Seit Generationen hütet die Familie von Alie eine Heilquelle für die Dorfbewohner. Doch alle Söhne verlassen ihr Elternhaus, um ganz eigene Ziele zu verfolgen. Nur die jüngste Tochter Namme könnte die Tradition fortsetzen. Parallel wird in der Umgebung ein Wasserkraftwerk erbaut, und eines Tages beginnt plötzlich die Heilquelle zu Versiegen.

 

Auch aus Rumänien gibt es ein Familiendrama: In POROROCA (Regie: Constantin Popescu)  verschwindet plötzlich die fünfjährige Maria. Ihr Vater sucht überall, aber weder er noch die verständigte Hilfe kann die Kleine finden. Der Schmerz ist unermesslich. Zugleich suchen die Eltern in der angespannten Stille nach dem fehlenden Puzzlestück. Ein weiteres herausragendes Zeugnis des modernen rumänischen Kinos.

 

Zu guter Letzt noch ein Film aus Russland: ANNA’S WAR (Regie: Aleksey Fedorchenko) spielt während des Zweiten Weltkriegs in der Sowjetunion. Das jüdische Mädchen Anna kann sich aus einem Massengrab retten und findet ein Versteck im alten Kamin des Kommandantenbüros. Von hier aus beobachtet sie den Krieg. Nachts macht sie sich auf die Suche nach Fundstücken, die ihr beim Überleben helfen.

 

Viel Spaß beim Schauen!

„Charkiw ist authentisch“

Eine Stadt als „tragisches Museum“? So bezeichnet der bekannte ukrainische Schriftsteller Juri Andruchowitsch  in seinem „Kleinen Lexikon intimer Städte“ die ostukrainische Stadt Charkiw. Sie sei aber auch „authentisch“.

Jugendstilhaus in Charkiw, CC: Wikimedia Commons

Dass die Stadt weit mehr ist als eine Frontstadt für den nahen Krieg im Donbass zeigt in ihrem Beitrag Ahoj-Mitglied Katrin Hillgruber. Für den Deutschalndfunk Kultur hat sie sich mit der lebendigen Literaturszene der Stadt auseinandergesetzt. Dabei zeigt sie, dass die Stadt nicht nur historisch für wichtige schriftstellerische Impulse sorgte – 1930 fand hier die Konferenz der revolutionären Schriftsteller statt, die futuristische Impulse weitergaben. Auch heute kommt aus Charkiw große Literatur. Zum Beispiel von Serhij Zhadan, dessen Roman „Internat“ auf der Leipziger Buchmesse mit einem Preis für die „enorme Wucht“ der Übersetzung geehrt wurde. „Lebendiger als in diesem Roman kann man vom Krieg nicht erzählen, lebendiger kann eine Übersetzung nicht sein.“ kommentierte die Jury.

Was die Literaturszene der Stadt sonst noch zu bieten hat, könnt ihr in Katrins Beitrag nachhören.