Am 27. März liest der polnische Schriftsteller Daniel Odija auf Einladung der deutsch-polnischen Gesellschaft München e.V. aus seinen Werken. Die ehemalige zweite Vorsitzende Izabela Banasik und Iwona Smol von Ahoj werden durch den Abend führen. Vorab erzählen sie uns mehr über den Autor und das Besondere an ihm und polnischer Literatur.
Wie kam es zu Eurem Mitwirken bei der Veranstaltung?
Die Deutsch-polnische Gesellschaft München e. V. und Ahoj Nachbarn e. V. pflegen eine langjährige Freundschaft und organisieren ab und zu gemeinsame Veranstaltungen. Als sich herausstellte, dass der polnische Schriftsteller Daniel Odija auf Initiative des Freundeskreises der Polnischen Literatur im Förderverein Krakauer Turm e.V. in Nürnberg nach Bayern kommt, hat die DPGM sofort zugegriffen und ebenfalls Ahoj Nachbarn an Bord geholt. Wir beide sind begeisterte Literaturfans und fühlten uns geehrt, mitmachen zu dürfen.
Könnt Ihr Daniel Odija kurz vorstellen?
Daniel Odija studierte polnische Literatur an der Universität Danzig. Er lebt und arbeitet als Schriftsteller und Journalist in Slupsk. Odija gilt als Wortführer einer neuen polnischen Schriftstellergeneration. Er hat fünf Bücher veröffentlicht, zwei davon sind auch ins Deutsche von Martin Pollack übersetzt worden. Parallel dazu hat er bereits mehrere Kurzgeschichten veröffentlicht. Sein Werk gehört zu der so genannten Prosa des Nordens. Die Romane „Sägewerk“ und „Chronik der Toten“ wurden für den Nike Literaturpreis nominiert.
Iwona: In seinen Romanen zeichnet der Schriftsteller ein sehr realistisches und raues Bild von verarmten Städten und kleinen Dörfern. Odijas Helden sind meistens Arbeits- oder Obdachlose, Diebe und Betrüger. Alle leben von Tag zu Tag, ohne Hoffnung auf ein besseres Schicksal. Odijas Protagonisten leben in einer Welt ohne Perspektiven, in der Alkohol und Gewalt ein Teil des Alltags sind. Sie fühlen sich machtlos.
An Odijas Geschichten gefällt mir besonderes der poetische Stil und die Metaphern, die jeder Leser anders verstehen kann. Für mich zeigt er nicht nur Lebensverhältnisse in Polen: Seine Geschichten könnten überall auf der Welt spielen. Er schafft eine düstere Atmosphäre. Seine Figuren konstruiert er sehr psychologisch. Man kann ihre Motivation, Träume und Hoffnungen gut nachvollziehen. Besonders interessant sind Odijas Beschreibungen von Träumen, die die menschlichen Dämonen darstellen. Dabei kann man schwer zwischen Traum und Realität unterscheiden.
Daniel Odija gilt als Vertreter der Proza Północy, was ist das bzw. durch was zeichnet sie sich aus?
Odijas Werke gehören zu der so genannten „Prosa des Nordens“ oder auch „Literatur des Nordens“. Das ist eine Kategorie der Literaturkritik, die in Nordpolen lebende Literaten bezeichnet. Der Urheber des Begriffs „Prosa des Nordens“ ist ein Literaturkritiker Robert Osta, der den Begriff in Bezug auf die Arbeit von Daniel Odija, Mariusz Sieniewicz, Thomas Białkowski, Joanna Wilengowskiej, Philip Onichimowski und Milki Malzahn verwendet. Er hat bemerkt, dass die Autoren von Warmia, Mazury und Kujawien „realitätsorientiert“ sind. In ihren Büchern kann man Elemente des Realismus, Naturalismus und Expressionismus finden. Der Begriff „Proza Polnocy“ ist jedoch in erster Linie geographisch geprägt.
Gibt es Eurer Meinung nach etwas, das polnische Literatur besonders gut ausdrücken kann?
Iza: Das ist eine sehr schwierige, da relativ allgemeine Frage. Ich glaube, es gibt auch keine richtige Antwort, da sich die Literatur im stetigen Wandel befindet. Polnische Literatur ist und bleibt emotional. Wir behalten keinen kühlen Kopf und drücken uns am besten über Gefühle aus. Was auch grundsätzlich sehr polnisch (und sehr osteuropäisch!) ist, ist definitiv der Humor. Ob deftig, absurd, schwarz oder sehr dezent, bleibt er ein unverzichtbarer Teil unserer Literatur und der Kunst im Allgemeinen. Der Humor ist unsere Lösung für alltägliche Probleme und unsere Art mit der oft vernichtenden Realität umzugehen.
Bücher von Daniel Odija:
- 2001: Ulica
- 2012: Auf offener Straße
- 2003: Tartak
- 2006: Das Sägewerk
- 2005: Szklana huta
- 2008: Niech to nie będzie sen
- 2010: Kronika umarłych
Daniel Odija liest aus seinen Werken, 27.3.2017, 19 Uhr, HANSA-Haus, Brienner Str. 39 a Rgb. Moderation: Izabela Banasik und Iwona Smol.