Was schauen eigentlich die Nachbarn?

Fast jedes Wochenende stolpere ich über die selbe Frage: Was läuft denn gerade im Kino? Zum dritten Mal in Folge fand das Mittel Punkt Europa Filmfest statt. Vom 28. Februar bis zum 10. März zeigten das Münchner Filmmuseum und der Leere Beutel in Regensburg was bei unseren Nachbarn in Polen, Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Ukraine in letzter Zeit auf den Leinwänden lief. Natürlich auch mit zahlreichen Mitgliedern, einem Stand und Enthusiasmus für Film und Kunst aus Ostmitteleuropa vertreten: Ahoj Nachbarn!

Ein bunt belegter Tisch wartet vor dem Kino.

Den Einstand machte der ungarische Film LAJKO (EIN ROM IM ALL). Eine abgehobene Komödie über den jungen Ungarn Lajko, dessen größter Traum es ist, Raumfahrer zu werden. Nach der fast ausverkauften Filmvorführung trank ich mit den Ahojskis bei der Premierenfeier mein erstes Radler auf Basis von Schwarzer Johannisbeere und Limette einer polnischen Brauerei. Auch das eine gelungene Premiere.

Im Stadtmuseum herrscht reges Treiben nach der Eröffnung.

An insgesamt neun Abenden in München konnte man nicht nur über das Gesehene Einblicke in die Filmszene der jeweiligen Länder gewinnen, sondern auch mit den Filmschaffenden selbst in Kontakt treten. Einer der eindringlichsten Momente des Filmfests war für mich der Film ŠPINA (SCHMUTZIG) und das anschließende Publikumsgespräch mit der Regisseurin Tereza Nvotová. In ŠPINA vergewaltigt ein Lehrer seine Schülerin Lena, sie versucht sich daraufhin das Leben zu nehmen, wird Zwangseingewiesen in eine Nervenheilanstalt für Jugendliche. Auf die Frage, wie sie zu diesem Film kam, entgegnet Nvotová, dass sie diesen Film einfach machen musste. Viele in ihrem Umfeld hätten sexuelle Gewalt erlebt und redeten nicht darüber aus Angst und Scham, dass ihnen nicht geglaubt werden würde. Der Film entstand 2017 nur kurz bevor #MeToo weltweit auf Twitter trendete.

Vorsitzende des MPEF-Vereins Darina Volf (links im Bild) und Regisseurin Tereza Nvotová (rechts im Bild) im Publikumsgespräch..

Eine ganze andere Art von Schweigen liegt über den Beskiden in WIEŻA. JASNY DZIEŃ. (TOWER. A BRIGHT DAY.). Trotz des Sturms auf den Straßen ist der Abschlussfilm des Festivals gut besucht. Der Wind ist auch einer der Protagonisten dieses Thrillers und begleitet mich spätabends noch bis vor meine Haustür mit der Sehnsucht nach Ostseemaiwochenenden und Kräuterschnaps. Der Weg ins Nachbarkino war noch nie so kurz – denn vom 15. bis 17. März laufen bereits die Baltischen Filmtage im Gasteig und vom 15. bis 24. März die Balkan Filmtage im Gabriel Filmtheater. Regenjacke an und nichts wie hin!

Auf den Spuren von uns selber. Eindrücke der Ahoj-Minga-Stadtführung am 13.10.2015.

München ist eine Einwanderungsstadt. Eindeutig. Aber nicht erst seit gestern, sondern seit Jahrzehnten. 41% der Münchner haben einen ausländischen Pass oder einen so genanannten Migrationshintergrund (d.h. mindestens ein Elternteil ist nicht in Deutschland geboren). Ein Drittel aller Münchner mit Migrationshintergrund kommt aus Osteuropa. Allein 20.000 Bewohner der bayerischen Landeshauptstadt haben einen Pass aus einem der Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Wie machen sich diese Migrationen in der Stadt bemerkbar? Das konnten wir ganz gut beim Ahoj-Minga-Spaziergang in Zusammenarbeit mit der Münchner Volkshochschule letzten Dienstag erfahren. Basierend auf dem Stadtführer für osteuropäische Orte in München „Ahoj Minga“, der eigenhändig von Ahoj Nachbarn 2014 herausgegeben wurde, brachte Agnes Fuchsloch die Neugierigen in die drei bisher ihnen unbekannte Orte Münchens.

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